„Für Fußball auf die Tauben verzichtet“
16 Sep
„Für Fußball auf die Tauben verzichtet“
Stadionfest: Paul Dierksen ist seit 70 Jahren ein 05er
Gruppenfoto vor einem Ortskampf der 05er (re.) gegen Borussia: Paul Dierksen im schwarz-weißen Dress (4.v.r.) – hinter Keeper Ludger Antemann.
Aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben! Vor wenigen Wochen sagte der 05-Vorstand das geplante Stadionfest ab, weil die brütende Hitze den Mitgliedern und Gästen – vor allen Dingen den bereits in die Jahre gekommenen Jubilaren – nicht zugemutet werden sollte. Jetzt, am Sonntag, wird das Stadionfest nachgeholt. Mit im Programm gegen 14.30 Uhr – vor dem Spiel des Bezirksliga-Tabellenführers Emsdetten 05 gegen den Verfolger SC Münster 08 – die Ehrung der langjährigen, verdienten Mitglieder.
70 Jahre im Verein sind Franz Behrens, Hans Mende und Paul Dierksen. Bei „Dierksens Paul“ war die EV in dieser Woche zu Besuch, auf eine Tasse Kaffee.
Paul Dierksen ist 85 Jahre alt, seit 60 Jahren verheiratet mit Gattin Elisabeth – „alle nennen sie Liesel“–, das Paar hat zwei Töchter und wohnt im Eigenheim an der Kontrastraße 15. „Ich habe als junger Kerl hier im Garten meines Elternhauses gebaut. Die heutige Kontrastraße gab es damals noch gar nicht, mein Elternhaus stand vorne an der Schützenstraße“, erinnert sich Paul ganz genau. Er erlernte den Beruf des Anstreichers (Maler), war später auch in diversen Dettener Fabriken tätig, beendete seine berufliche Laufbahn bei der Firma Winter.
70 Jahre Mitglied bei 05, Eintritt also 1952. Heinrich Kernebeck war I. Vorsitzender bei 05, er hatte das Amt von Josef Schmidt übernommen, gab es zwei Jahre später an Martin Mülder weiter. Wie kam der junge Paul damals eigentlich zu 05?
Paul Dierksen: Ich hatte als junger Kerl einige Brieftauben, habe die sogar auf Reisen geschickt, das war ein recht kostspieliges Hobby. Meine Eltern wollten aber nicht, dass ich im Verein Fußball spiele, sie hatten Angst vor Verletzungen. Ich habe meinen Eltern dann angeboten, auf meine Tauben zu verzichten, wenn ich zu 05 darf. Das hat funktioniert, da war ich aber schon 15 Jahre alt.
Wer war der 1. Trainer in der Jugend?
Das war „Anzi“ Hüser. Meine Mitspieler waren Hennes Wennemer, Heini Altepost, Hermann Ewering, alles quasi Nachbarn, alles meine Schulkollegen. Ich kam direkt in die B-Jugend, war sehr schnell spielberechtigt, durfte aber (noch) nicht an Punktspielen teilnehmen.
Wer war der beste Trainer, unter dem du jemals bei 05 gespielt hat?
Da muss ich mehrere nennen: Reinhold Wiethöft, Pit Gunkel, Franz Merz, Günther Brüggemann. Hoffentlich hab ich jetzt keinen vergessen…
Ich kenne auch noch die 05-Aufstellung, als ich das erste Mal in der 1. Mannschaft nominiert war, als Ersatz für Heinz Kunst, der verletzt war: Schmidt, Wacker, Ascheberg, Dierksen, Peters, Flaskamp, Schmitz, Wagner, Merz, Blömer, Schlüter.
An welchen Moment im 05-Dress erinnerst du dich – ohne lange Überlegung?
Da kann ich mich nicht festlegen. Es gab unzählige, schöne Momente bei 05. Wir hatten eine ausgesprochen gute Kameradschaft, oftmals fuhren auch unsere Frauen mit zu den Spielen, nicht selten hat „die dritte Halbzeit“ etwas länger gedauert – bei Wienhold Möllers im Stadion oder bei Franz Wefers im Vereinslokal.
Gern erinnere ich mich an den Besuch der Altherren aus Hamburg in Emsdetten, als plötzlich völlig überraschend Uwe Seeler aus dem Bus stieg. Erwähnen muss ich auch, dass mein Schwiegervater Viktor Hölscher viele Jahre bei Borussia im Vorstand war. Doch es hat nie ein schiefes Wort gegeben.
Welcher Moment im 05-Dress ist negativ in Erinnerung geblieben?
Ein Spiel bei Preußen Münster. Wir lagen 0:1 zurück. Ecke für uns. Ich stand nahe am gegnerischen Torwart, wir blickten uns quasi fast direkt ins Gesicht. Plötzlich hat er mich gepackt und hinten ins Netz geworfen. Der Schiri hat das genau gesehen, doch es gab keinen Elfmeter. Mensch, was war ich da wütend…
Auf welcher Position hat Paul Dierksen gespielt?
Im Mittelfeld, rechter oder linker Läufer. Oft richtete sich meine Position an der Aufstellung des Gegners aus, ich konnte auf beiden Seiten spielen.
Wer waren die besten Mitspieler in all den Jahren bei 05?
Torwart Peters und Libero Schmidt. Und natürlich Rudi Dinkels, der sich an Ostermontag 1960 in Ochtrup bei einem Zusammenprall schwer verletzte. Ich hab Rudi als Mitspieler mit drei Kollegen auf einer Trage ins nebenliegende Krankenhaus getragen, diesen Moment vergesse ich nie. Auch nicht den folgenden Montag, denn an diesem Tag ist Rudi verstorben.
Gab es schwere Verletzungen?
Ich hab einmal einen Tritt ins Gesicht bekommen, habe mit einer Platzwunde aber durchgespielt, die Wunde wurde nachher im Krankenhaus genäht. Auswechselungen gab es damals ja noch nicht. Ansonsten gab es nur die kleinen Dinge, Prellungen, Zerrungen etc…
Kommst du ab und zu noch zum Stadion zu den 05-Spielen?
Nicht mehr ganz so oft, ich verbringe die Sonntage gern mit meiner Frau mit kurzen Spaziergängen. Liesel benötigt einen Rollator, da ist es ganz gut, wenn ich unterwegs dabei bin.
Verfolgst du den Sport in deiner Heimatstadt Emsdetten?
Aber ganz genau. Ich lese die EV, in erster Linie den Lokalsport, weil ich immer bestens informiert sein will.
Interessiert auch der Fußball in der Bundesliga?
Ja, auf jeden Fall. Ich bin Fan von Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach. Ich freue mich aber auch über Siege der Bayern auf internationaler Ebene, wie jetzt beim tollen 2:0 gegen Barcelona. Doch wenn die Bayern in der Bundesliga einen auf den Sack bekommen, ärgert mich das nicht…
Wie verbringt der rüstige Rentner Paul Dierksen seinen Tag?
Hobbys habe ich kaum. Ich fahre noch gern mit dem Rad etwas durch die Gegend, gehe sehr gern mit meiner Frau Liesel spazieren. Langeweile habe ich nicht.
Drei Wünsche des 05-Jubilars?
Ich habe nur einen Wunsch: Ich möchte noch einige Jahre dabei bleiben. Einigermaßen gesund und fit bleiben, und bitte an der Seite meiner Frau Liesel.
Danke, Paul. Wir sehen uns am Sonntag beim Stadionfest.
Ja. Ich freue mich auf die Ehrung im Stadion.
von Ferdi Recker
Foto: Ferdi Recker
Mit freundlicher Genehmigung der Emsdettener Volkszeitung